Die Caritas arbeitet nicht gewinnorientiert. Die nun fehlenden Kostenerstattungen können deshalb nicht durch Rücklagen ausgeglichen werden. Augsburgs Diözesan-Caritasdirektor Diakon Müller hat dazu eine klare Meinung: „Zusagen hält man ein, wenn man ein verlässlicher Partner sein will.“ Die Kürzung sei grundsätzlich eine Fehlentscheidung. Nur weil weniger Geld zur Verfügung steht, würden die zu betreuenden Personen nicht aus der Welt verschwinden. Im Gegenteil. Allein aufgrund der demographischen Entwicklung nimmt die Zahl der Betreuungen zu.
Die Hintergründe
Was war geschehen? Der Bund hat mit einer großen Reform des Betreuungsrechts zum 1.1.2023 eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen. Damit ist u.a. auch die sog. Querschnittsarbeit neu geregelt worden. Darunter fallen die Bewerbung von ehrenamtlichen Betreuerinnen, deren Schulung für anstehende Betreuungsfälle, Information über gesetzliche und aktuelle Entwicklungen, Beratung, Begleitung und Unterstützung während einer Betreuung. Das Ziel, das dahintersteht, ist durch eine Ausweitung von ehrenamtlichen Betreuerinnen und deren fachliche Qualifizierung das Selbstbestimmungsrecht und die Individualität der betreuten Personen zu stärken. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen, so das Bundesgesetz, „auskömmliche finanzielle Mittel“ dafür bereitgestellt werden.
Laut Gesetz sind die Bundesländer für die Finanzierung der Betreuungsvereine und die Auszahlung der Mittel zuständig. Bayern ist prinzipiell dieser Aufgabe nachgekommen. Hierfür wurde Mitte Mai 2023 eine entsprechende Verordnung zur finanziellen Ausstattung der Betreuungsvereine erlassen. Für das Haushaltsjahr 2023 wurde für die Querschnittsarbeit statt bisher drei sechs Millionen Euro eingestellt. Die Höhe dieses Haushaltsansatzes stand unter dem Vorbehalt, dass man nicht genau wusste, welche Kosten auf die Betreuungsvereine tatsächlich zukommen würden, wohlwissend, dass der Bedarf höher sein wird.
Caritas wehrte sich bereits gegen Haushaltsvorbehalt
Die gesetzliche und mündliche Zusicherung, dass dennoch auf jeden Fall bei Bedarf niemand auf seinen Kosten sitzen bleiben müsste, falls der Bedarf höher sein würde, stand aber trotzdem aufgrund des Bayerischen Gesetz zur Ausführung betreuungsrechtlicher Vorschriften (Bay AG BtG) unter einem Haushaltsvorbehalt. Dagegen hatten sich die Betreuungsvereine, auch der Landes-Caritasverband, deutlich ausgesprochen. Die Verantwortlichen im Sozialministerium hatten dennoch stets zugesagt, dass eventuelle Mehrkosten, die über die sechs Millionen Euro hinausgehen, erstattet würden. Die Betreuungsvereine müssten sich keine Sorgen machen. „Darauf hatten wir uns verlassen“, so Müller.
Pauschale Kürzung gefährdet Fortführung der Arbeit der Betreuungsvereine
Doch als dann im September 2023 die Betreuungsvereine ihre verordnungsgemäßen Anträge auf Kostenerstattung detailliert an die Regierung von Mittelfranken gestellt hatten, wurden sie Mitte Dezember per Bescheid eines Besseren belehrt. Hier war nun völlig unerwartet eine pauschale Kürzung von acht Prozent vorgenommen worden. Begründet wurde dies mit dem Haushaltvorbehalt. Wie erwartet, hatten die tatsächlich angefallenen Kosten in 2023 die im Haushalt angesetzten sechs Millionen Euro überschritten. Diese Mehrkosten wurden aber nicht ausgezahlt. Die Betreuungsvereine blieben so auf acht Prozent ihrer Kosten sitzen. „Da kamen schnell mehrere Tausend Euro zusammen. Das können die Betreuungsvereine und auch die Caritas nicht aus der eigenen Tasche finanzieren“, beklagt der Augsburger Diözesan-Caritasdirektor. „Das gefährdet die Fortführung dieser so wertvollen sozialgesellschaftlichen Arbeit.“ Nun hofft er mit den Caritasverbänden vor Ort, dass der Landes-Caritasverband in seinen politischen Verhandlungen mit dem Sozialministerium den Missstand wieder beseitigen kann.
Information zu den Betreuungsvereinen:
Die Caritasverbände im Bistum Augsburg führen 15 Betreuungsvereine. 60 Sozialpädagog*innen sind dort beschäftigt. Die Fachstellen beraten kostenlos bei Fragen zum Betreuungsrecht, zur Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Die Übernahme dieser Aufgabe durch vorwiegend ehrenamtliche Personen – sei es Familienangehörige oder auch zunächst fremde Mitmenschen – ist vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt. Diese Aufgabe ist zwar zunächst eine rechtliche Aufgabe, aber auch eine Tätigkeit am und für den Mit-Menschen, und damit im wirklichen Sinne auch eine caritative.
Damit das so bleibt, werden in den 15 Betreuungsvereinen der Caritas und der Fachverbände der Caritas, des Sozialdienstes Katholische Frauen (SkF) und der Katholischen Jugendfürsorge, ehrenamtliche Betreuer gewonnen, beraten und fortgebildet. Daneben werden in Fällen, in denen Fachwissen erforderlich ist, die Betreuungen auch durch die Vereinsbetreuer selbst übernommen.
Das Ziel des Betreuungsrechts ist es vor allem, dem betreuten Menschen ein selbstbestimmtes Leben unter Achtung seiner Grundrechte zu ermöglichen. Für rechtliche Angelegenheiten, die er ganz oder teilweise nicht mehr eigenverantwortlich regeln kann, bekommt ein Erwachsener einen Betreuer als gesetzlichen Vertreter. “weniger“